Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW

HIV und Aids in NRW

In Nordrhein-Westfalen waren im Jahr 2021 nach Schätzungen des Robert Koch-Institutes (RKI) 360 Neuinfektionen zu verzeichnen. Dies sind etwa 40 Infektionen weniger als im Jahr 2020. Ca. 290 Personen sind Männer (Veränderung zu 2020: -35), etwa 75 Personen Frauen (Veränderung zu 2020: -5).

Rund 200 Personen haben sich über mann-männlichen Sex infiziert (Veränderung zu 2020: -30). Etwa 85 Personen haben sich über heterosexuelle Kontakte infiziert (Veränderung zu 2020: -5). Rund 70 Personen haben sich über i.v. Drogengebrauch infiziert (Veränderung zu 2020+/-0).

Am Ende des Jahres 2021 lebten rund 19.400 (Schwankungsbreite: 18.300 - 22.700) Menschen mit HIV oder Aids in NRW. Etwa 15.700 sind männlich, etwa 3.750 weiblich. Der Anteil der Menschen mit HIV, die von ihrer Infektion wussten, betrug 91 Prozent (2020: 90 Prozent). Der Anteil der Menschen mit HIV, die von ihrer Infektion wussten und eine antiretrovirale Therapie erhielten, bleibt bei 96 Prozent.

HIV-Erstdiagnosen wurden in NRW im Jahr 2021 schätzungsweise 540 (Veränderung zu 2020: -95) gestellt, etwa 180 davon erst bei fortgeschrittenem Immundefekt (Veränderung zu 2020: -50). Von den 180 Personen wiesen 100 bereits Aids-definierende Erkrankungen auf (Veränderung zu 2020: -25).

2021 gab es etwa 150 Todesfälle bei HIV-Infizierten. ! Der Anstieg der Todesfälle um +15 im Vergleich zum Vorjahr ist nicht auf HIV-bezogene Todesursachen zurückzuführen. Das RKI hat aufgrund des zunehmenden Alters der Menschen mit HIV nun die durchschnittliche Sterblichkeit der Allgemeinbevölkerung für alle Altergruppen in die Berechnung einbezogen.

Mehr lesen Sie in den RKI-Eckdaten für NRW 2021.

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Entwicklungen auf Bundesebene

Das Robert Koch-Institut weist in seinem aktuellen Epidemiologischen Bulletin Nr. 47/2022 auf folgende bundesweite Entwicklungen hin:

  • Bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) lag im Jahr 2021 ein leichter Rückgang der Neuinfektionen gegenüber dem Vorjahr vor.
  • Im Jahr 2021 wurden etwa 33 Prozent der HIV-Infektionen erst mit einem fortgeschrittenen Immundefekt und etwa 18 Prozent erst mit dem Vollbild Aids diagnostiziert. Im Vergleich zum Vorjahr blieb der Anteil der Diagnosen mit fortgeschrittener Infektion bzw. im Stadium Aids etwa konstant.
  • Während die Anzahl der noch nicht diagnostizierten HIV-Infektionen bei MSM zurückging, blieb sie bei heterosexuellen Übertragungen etwa konstant und stieg an bei Menschen mit i.v. Drogengebrauch.
  • Der Anteil der diagnostizierten HIV-Infektionen liegt wie im Vorjahr bei etwa 90 Prozent.
  • Die aktuellen Daten weisen darauf hin, dass der Ausbau von zielgruppenspezifischen Testangeboten und ein früherer Behandlungsbeginn auch in Deutschland Erfolge gezeigt haben. Es bedarf aber weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der zielgruppenspezifischen Testangebote und um den Zugang zur Therapie für alle in Deutschland mit HIV lebenden Menschen zu gewährleisten.
  • Der Einfluss der zunehmend vor allem von MSM verwendeten HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) auf das Infektionsgeschehen kann aufgrund der im Kontext der Coronavirus Disease 2019-(COVID-19-)Pandemie aufgetretenen Veränderungen des Sexual- und Testverhaltens in den Jahren 2020 und 2021 nicht verlässlich eingeschätzt werden. Der beobachtete Rückgang von HIV-Neudiagnosen und der geschätzte Rückgang von Neuinfektionen bei MSM seit 2019 deuten aber auf eine Verhinderung von Neuinfektionen durch PrEP-Gebrauch hin.
  • Darüber hinaus kam es zeitweise zu einer Verminderung von Übertragungsrisiken aufgrund der Kontaktbeschränkungen, die wohl auch zur Einschränkung sexueller Kontakte führten. Der teilweise eingeschränkte Zugang zu Testangeboten könnte andererseits zu verzögerten Diagnosen von HIV-Infektionen führen.


Empfehlungen auf Bundesebene

Das Robert Koch-Institut (RKI) stellt in seinem aktuellen Epidemiologischen Bulletin Nr. 47/2022 fest: "Die Anzahl der auf sexuellem Weg übertragenen HIV-Neuinfektionen ist im Jahr 2021 zurückgegangen. Dieser Rückgang war wahrscheinlich zum Teil Ergebnis von pandemiebedingten Verhaltensänderungen wie einer Verminderung von Sozial- und damit auch Sexualkontakten. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Verhaltensänderungen sich über die Pandemie hinaus fortsetzen werden. Es wäre daher nicht überraschend, wenn die Anzahl der HIV-Neuinfektionen durch Nachholeffekte und die Auswirkungen geringerer Testangebote nach der Pandemie wieder ansteigen würde."

Vor diesem Hintergrund gibt das RKI unter anderen folgende Empfehlungen:

  • Die Empfehlung, Kondome zu benutzen, bleibt nach wie vor ein Grundpfeiler der Prävention von HIV und sexuell übertragbaren Infektionen (STI). Eingegangene Risiken sollten zeitnah durch einen HIV- oder STI-Test abgeklärt werden.
  • Die Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung von intravenös Drogenkonsumierenden mit sterilen Injektionsutensilien, der Ausbau regelmäßiger niedrigschwelliger Testangebote, auch in Haft, sowie die leitliniengerechte Initiierung einer antiretroviralen Therapie sind die empfohlenen Maßnahmen zur Verhinderung von HIV-Neuinfektionen in dieser Personengruppe.
  • Für eine nachhaltige Reduktion von Neuinfektionen mit Hilfe der PrEP bei MSM und anderen Populationen müsste daher eine aktivere Ansprache und Identifizierung von Personen erfolgen, die von einer PrEP profitieren könnten.
  • Durch eine Ausweitung und aktivere Bewerbung von HIV-Einsende- und HIV-Selbsttests könnte der negativen Beeinflussung der Testangebote und der Testbereitschaft durch die Corona-Pandemie entgegengewirkt werden.
  • Darüber hinaus sind zielgruppenspezifische, niedrigschwellige Testangebote unabdingbar, um andere Gruppen, wie z. B. wohnungslose Menschen, Drogengebrauchende und Menschen mit Migrationsgeschichte kultursensibel und nicht stigmatisierend zu erreichen.
  • Niedergelassenes ärztliches Fachpersonal der entsprechenden Fachrichtungen (z. B. Allgemeinmedizin, Innere Medizin/Infektiologie/Gynäkologie/Suchtmedizin) sollten Tests auf HIV und andere STI entsprechend der Leitlinien anbieten, bei Symptomatik, die auf HIV zurückführbar sein könnte, aktiv einen HIV-Test empfehlen, dem aktiv geäußerten Wunsch auf HIV-Testung nach Möglichkeit nachkommen und entsprechend der Leitlinien über die PrEP informieren.
  • Aus individualmedizinischer und aus Public-Health-Sicht sollten alle in Deutschland lebenden Menschen die Möglichkeit eines Zugangs zu einer PrEP und im Fall einer Infektion zu einer HIV-Behandlung erhalten.