Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW

Nationaler AIDS-Beirat zum Zugang zu ärztlicher Versorgung, Beratung und HIV-Therapie

11. Juni 2014 - In der vergangenen Woche hat das Bundesministerium für Gesundheit das Votum des Nationalen AIDS-Beirates (NAB) vom 19. März 2014 zum Zugang zu ärztlicher Versorgung, Beratung und HIV-Therapie veröffentlicht.


Zugang zu medizinischer Versorgung und leitliniengerechter Behandlung ist ein Menschenrecht

Der Nationale AIDS-Beirat stellt fest, dass sich die Forderung nach einem universellen Zugang zu medizinischer Versorgung und leitliniengerechter Behandlung für Menschen mit HIV aus dem menschenrechtlichen Anspruch auf Gesundheitsversorgung und der Erkenntnis, dass eine effektive antiretrovirale Therapie HIV-Übertragungen verhindern kann, ergebe.

"Der NAB stellt mit Sorge fest, dass in Deutschland dieser Zugang für bestimmte Gruppen nicht oder nur eingeschränkt gewährleistet ist.

Dies betrifft Menschen im Asylverfahren mit einer Aufenthaltsgestattung, Geduldete, Menschen ohne Aufenthaltsstatus (Menschen ohne Papiere) und in Deutschland lebende Unionsbürgerinnen und Unionsbürger aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.

Zugangshindernisse ergeben sich vor allem aus dem aufenthaltsrechtlichen Status, Bestimmungen des Asylrechtes und aus der komplexen Rechtslage hinsichtlich des Krankenversicherungszugangs und -schutzes für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger."

Der mangelnde Zugang zu medizinischer Versorgung führt dazu, dass Personen aus den genannten Gruppen oft erst beim Vorliegen schwerer Symptome eine ärztliche Versorgung aufsuchen.


Statements, Forderungen und Empfehlungen

Der NAB betont:

  • dass jeder Mensch für die Dauer seines Aufenthaltes in Deutschland einen Zugang zu leitliniengerechter HIV-Therapie haben soll

Der NAB fordert:

  • In der Verwaltungspraxis muss flächendeckend in jedem Bundesland sichergestellt sein, dass die leitliniengerechte Behandlung einer HIV-Infektion als eine notwendige Behandlung im Sinne des Asylbewerberleistungsgesetzes anerkannt wird.

Der NAB empfiehlt:

  • Soweit und solange eine Residenzpflicht für Asylbewerberinnen bzw. Asylbewerber und Geduldete besteht, muss bei der Zuweisung des Aufenthaltsortes für Menschen mit HIV sichergestellt sein, dass eine spezialisierte HIV-Behandlung und -Beratung problemlos erreichbar ist.
  • Bei Prüfung einer in Frage stehenden Aufenthaltsbeendigung muss in der Verwaltungspraxis nicht nur pauschal, sondern im Einzelfall geprüft werden, ob am Wohnort im Herkunftsland dauerhaft ein Zugang zu HIV-Therapie gewährleistet ist.
  • Menschen ohne Papiere müssen, ohne dass sie aufenthaltsbeendende Maßnahmen befürchten müssen, auch bis zur Klärung von aufenthaltsrechtlichen und individuellen Perspektiven Zugang zu leitliniengerechter HIV-Therapie und Beratung haben.

Der NAB empfiehlt als strukturelle Maßnahmen:

  • eine zentrale Fachstelle "Gesundheit und EU-Zuwanderung" einzurichten, die Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern, Leistungserbringern und Beratungsstellen als Informationspool zur Verfügung steht
  • Kommunen mit einer hohen Zahl an Unionsbürgerinnen bzw. Unionsbürgern bei der Einrichtung lokaler Beratungsstellen zu unterstützen
  • das Thema Gesundheitsversorgung in bereits bestehenden und/oder neu einzurichtenden Integrationsmaßnahmen verbindlich zu verankern
  • Leistungserbringer umfassend darüber zu informieren, dass Unionsbürgerinnen bzw. Unionsbürger, die im Besitz einer Europäischen Krankenversicherungskarte sind, das Recht auf Zugang zu einer notwendigen Behandlung in Deutschland haben, und bei Leistungsverweigerung Sanktionen zu erwarten sind

Das Votum des NAB zum Zugang zu ärztlicher Versorgung, Beratung und HIV-Therapie finden Sie hier (PDF).


Der Nationale AIDS-Beirat ist ein unabhängiges Beratungsgremium des Bundesministeriums für Gesundheit. Er ist interdisziplinär mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Forschung, medizinische Versorgung, öffentlicher Gesundheitsdienst, Ethik, Recht, Sozialwissenschaften, sowie Personen aus der Zivilgesellschaft zusammengesetzt. Weitere Hinweise zum Nationalen AIDS-Beirat finden Sie unter bundesgesundheitsministerium.de.

 

<<< zurück zur Liste "Aktuelles"