Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW

Kleine Anfrage an die Landesregierung zur HIV-PrEP

Foto: MarcBruxelles, istockphoto12. September 2022 - Die Abgeordneten Dr. Werner Pfeil und Yvonne Gebauer (FDP) haben eine Kleine Anfrage zur Aufrechterhaltung der HIV-Prä-Expositionsprophylaxe (HIV-PrEP) (PDF) in Nordrhein-Westfalen an die Landesregierung gestellt.


Hintergund

In der einleitenden Zusammenfassung der aktuellen Situation stellen sie fest:

"Bereits seit einigen Jahren zählt die PrEP zu den angewandten HIV-Präventionsmethoden und wird seit dem 1. September 2019 im GKV-Leistungskatalog angeführt. Die Einführung des gesetzlichen Leistungsanspruchs wurde in einem vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) finanzierten und vom Robert Koch-Institut (RKI) geleiteten Forschungsvorhaben begleitet und evaluiert. Kooperationspartner waren die Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä e.V.), der Lehrstuhl für Medizinmanagement der Universität Duisburg-Essen, die Universität Bonn mit der BRAHMS-Studie sowie das Kompetenzzentrum für Klinische Studien der Universität Bremen (KKSB). Das RKI veröffentlichte am 22. Juni 2022 seinen Abschlussbericht zur „Evaluation der Einführung der HIV-Präexpositionsprophylaxe als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung“ (EvE-PrEP).

Nach dem Evaluationsbericht nutzten Stand Juni 2020 bundesweit rund 15.600 bis 21.600 Menschen die PrEP als Vorsorgeleistung mit einem Schwerpunkt in großstädtischen Gebieten. In Bezug auf HIV-Infektionen zeigte sich die PrEP im klinischen Alltag als hoch effektiv. Es fanden nur vereinzelt HIV-Infektionen in Zusammenhang mit der PrEP-Nutzung statt (HIV-Inzidenzrate 0,08/100 Personenjahre). Die Inzidenz sexuell übertragbarer Infektionen (STI) wie Chlamydien, Gonorrhoe und Syphilis nahm über den Studienverlauf nicht zu, sondern ging in einigen Studien sogar zurück oder blieb nahezu gleich.

Bisher wird die Versorgung hauptsächlich in den fünf größten Städten Deutschlands angeboten. Nach dem Evaluationsbericht gibt es Hinweise, dass der PrEP-Bedarf in ländlichen Regionen, in denen es weniger PrEP-Verordnende gibt, nicht ausreichend gedeckt wird. Angesichts der identifizierten Barrieren, trotz Indikation keine PrEP zu nutzen (für ca. 35 Prozent zu hoher Aufwand, PrEP zu erhalten, bei ca. 22 Prozent keine Verordnenden verfügbar), muss davon ausgegangen werden, dass eine bedarfsgerechte Versorgung noch nicht erreicht ist. Daher wäre der Ausbau einer flächendeckenden Versorgung in Deutschland angesichts der positiven Präventionspotenziale und -ergebnisse von großem Vorteil für die Bevölkerung.

Weiterhin zeigte sich im Austausch mit dem Community-Board der Evaluation ein Informationsbedarf zur PrEP für Personen außerhalb der MSM-Community. Notwendig wären bedarfsgerechte Angebote und Informationen zur PrEP für Zielgruppen mit erhöhtem HIV-Risiko, wie es sie in anderen Ländern (USA, Australien, Frankreich) gibt, z.B. für Personen innerhalb der trans*/nicht-binären Communities und für Sexarbeitende.

Der Bewertungsausschuss legte jedoch am 15. September 2021 eine Einbudgetierung der PrEP-Vergütung ab Januar 2023 fest, indem die Fristen für die bisherige Vergütungsregelung nur bis Ende 2022 verlängert wurden. Aus Sicht der HIV-Schwerpunktpraxen wird diese Entscheidung als riskant bewertet. Bereits erzielte Fortschritte könnten damit verspielt werden und wären ein falsches Signal gegenüber der bislang erfolgreichen Nutzung der PrEP.

Eine Umfrage der dagnä von April 2022 zeigt, dass mit der Einbudgetierung ab 2023 50,6 Prozent der befragten Praxen die derzeitige Form der PrEP-Betreuung nicht mehr gewährleisten könnten. 47,5 Prozent vertreten die Ansicht, dass bereits heute ein strukturelles Problem beim Zugang zur PrEP-Versorgung bestehe.

Der Bewertungsausschuss sollte gemäß Protokollnotiz zum Beschluss vom 15. September 2021 bis zum 31. Dezember 2022 prüfen, ob weiterer Regelungsbedarf hinsichtlich der Finanzierung besteht. Bisher ist jedoch kein neuer Beschluss erfolgt. Insofern stellt sich die Frage, wie die PrEP-Versorgung in Nordrhein-Westfalen über den 31. Dezember 2022 hinaus gesichert bzw. verbessert werden kann."


Fragen an die Landesregierung

Vor diesem Hintergrund fragen die Abgeordneten die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Festlegung des Bewertungsausschusses vom 15. September 2021, dass die HIV-PrEP ab Januar 2023 nur noch intrabudgetär zu vergüten ist?
  2. Welche Auswirkungen der Einbudgetierung erwartet die Landesregierung für die PrEP-Versorgung in Nordrhein-Westfalen?
  3. Was plant die Landesregierung, um die PrEP-Versorgung in Nordrhein-Westfalen aufrecht zu erhalten, wenn HIV-Schwerpunktpraxen die derzeitige Form der HIV-PrEP aufgrund der Einbudgetierung nicht mehr gewährleisten können?
  4. Was unternimmt die Landesregierung, um Zugangsdefizite bei der PrEP-Versorgung in Nordrhein-Westfalen zu beheben und eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen?
  5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um Informationen zur PrEP für Zielgruppen mit erhöhtem HIV-Risiko außerhalb der MSM-Community zu verbessern?


Durch Kleine Anfragen kann jede*r Abgeordnete von der Landesregierung Auskünfte verlangen. Auch die Kleinen Anfragen werden von der Landesregierung schriftlich beantwortet. Eine Beratung findet nicht statt. Eine Kleine Anfrage muss innerhalb von vier Wochen beantwortet werden.


Mehr zur HIV-PrEP lesen Sie in unserem Spotlight HIV-PrEP.

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