Umfrage zur PrEP-Versorgung in den HIV-Schwerpunktzentren
23. November 2021 (ergänzt am 24. Februar 2022) - Seit September 2019 wird die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) als Teil des Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angeboten. Mit der Einführung wurde ebenfalls eine Evaluation der neuen Leistung (EvE-PrEP) beschlossen.
Im Rahmen dieser Evaluation wurde durch das Robert Koch Institut (RKI) innerhalb der NEPOS-Substudie gemeinsam mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) eine deutschlandweite Befragung in HIV-Versorgungszentren über den Versorgungsalltag im Rahmen der PrEP-Versorgung durchgeführt. 43 der insgesamt 47 Zentren, die in der NEPOS-Studie eingebunden sind, haben an der Befragung teilgenommen. Über die Ergebnisse berichtet das RKI im Epidemiologischen Bulletin 44/2021 vom 04.11.2021. Einen Kurzbericht finden Sie auch unter rki.de.
Die Befragung der 43 HIV-Versorgungszentren sollte die Versorgung mit der PreP auf Zentrumsebene in folgender Hinsicht betrachten:
- Allgemeine Daten zur (PrEP-)Versorgung und deren Struktur und PrEP-Nutzung
- Spezifische Daten zu Versorgungsprozessen
Die Befragung fand zwischen April und Juli 2021 statt und betrachtete retrospektiv den Zeitraum 01.09.2019 bis 31.12.2020.
In den 43 HIV-Schwerpunktzentren, die den Fragebogen beantworten haben, verordneten im genannten Zeitraum 127 Ärzt*innen die PrEP; im Mittel damit 3 Ärzt*innen je Zentrum. Sie verschrieben im Zeitraum vom 01.09.2019 bis 31.12.2020 insgesamt 9.915-mal die PrEP, hiervon wurden 88% als Leistung der GKV abgerechnet.
Im Befragungszeitraum wurden in den 43 Zentren 22.366 PrEP-Nutzende angegeben, das entspricht im Durchschnitt 179 PrEP-Nutzenden pro Ärzt*in. In der Diskussion der Studie weist das RKI darauf hin, dass diese Zahl an PrEP-Nutzenden als zu hoch erscheint. Eine Schätzung auf Grund der Abrechnungsdaten der Apotheken und einer Befragung von PrEP-Nutzer*innen kam auf eine Gesamtzahl zwischen 15.600 bis 21.600 PrEP-nutzenden MSM (als Gruppe mit der weitaus höchsten Nutzung der PrEP) mit Stand Juni 2020. Auch in Bezug auf die angegeben Zahlen der versorgten Menschen mit HIV in diesen Zentren erscheint dem RKI die Zahl der PrEP-Nutzer*innen zu hoch: Denn damit ist die Zahl der PrEP-Nutzenden nicht wesentlich geringer als die Anzahl der versorgten Menschen mit HIV. Die Gesamtzahl der HIV-Positiven, die im selben Zeitraum in den Zentren versorgt wurden, wurde mit 27.552 Personen angegeben. Das entspricht 181 Menschen mit HIV pro Ärzt*in.
Im Rahmen des Screenings vor der Einleitung der PrEP wurde bei 54 Personen eine bestehende HIV-Infektion diagnostiziert. Während der PrEP-Nutzung wurde bei 20 Personen eine HIV-Infektion festgestellt. Das entspricht 0,089% der PrEP-Nutzenden und bestätigt somit die hohe Schutzwirkung der PrEP.
In über 90% der Fälle kam es nach der Beratung zur PrEP auch zu einer anschließenden Einleitung der PrEP. Wenn diese nicht eingeleitet wurde, so geschah dieses zumeist auf Wunsch der Patient*innen (27%), Angst vor Nebenwirkungen (21%) oder fehlender Indikation (19%).
Mit 9% wurde ebenfalls die Auswirkung der COVID-19-Pandemie als Grund für die Nichteinleitung angegeben. Insgesamt konnte in der Befragung ein deutlicher Einfluss der Pandemie auf die PrEP-Versorgung festgestellt werden. 32 der Zentren (74%) gaben an, dass die Pandemie im Allgemeinen einen Einfluss auf die PrEP-Versorgung hatte. 61% hiervon gaben an, dass die Nachfrage nach der PrEP gesunken sei, 32% gaben an, dass PrEP-Pausen und die Nutzung on demand (nur bei Bedarf) zugenommen haben und 6% berichten weniger STIs bzw. weniger Sexualkontakte. Bei den meisten Zentren wird dabei der Einfluss des 2. Lockdowns im Winter 2020 als niedriger eingeschätzt als während des 1. Lockdowns im Frühjahr.
Die Deutsch-Österreichischen Leitlinien zur HIV-PrEP empfehlen im Rahmen der PrEP-Versorgung alle 3-6 Monate eine Testung auf STI (Syphilis, Gonokokken, Chlamydien), auch ohne vorliegende Symptome.
Alle (100%) der befragten Zentren befürworteten das regelmäßige Screening in Bezug auf die Syphilis. 9 der befragten 43 Zentren (21%) hielten dieses in Bezug auf Chlamydien/Gonokokken für nicht sinnvoll. Von diesen 9 Zentren gaben 5 an, dass die Testung asymptomatischer Chlamydien/Gonokokken seltener erfolgen sollte, 4 gaben an, dass sie diese für nicht sinnvoll erachten.
Unter der STI-PrEP versteht man die vorbeugende Einnahme von Antibiotika (in der Befragung meist Doxycyclin und Azithromycin) zur antibiotischen Prophylaxe von STI. 21 der 43 befragten Zentren (49%) berichten von Anfragen nach dieser STI-PrEP im Jahr 2020 durch insgesamt 266 Personen. 7 Zentren (16%) haben 2020 eine STI-PrEP verschrieben. 5 hiervon führten die Therapie regelmäßig durch und 2 Zentren vereinzelt nach Bedarf.
In Bezug auf die STI-PEP, die Antibiotikabehandlung symptomloser Patient*innen nach sexuellen Kontakten mit Personen mit einer diagnostizierten STI gaben 30 der Zentren (70%) an, diese durchzuführen, wobei 25 hiervon die Behandlung erst nach diagnostischer Bestätigung der Infektion und nicht auf Verdacht durchführten. Nur 5 Zentren gaben an, die STI-PEP auch ohne vorherige Bestätigung der Infektion einzuleiten.