Zugänge zu gesundheitlichen Hilfen für wohnungslose Menschen verbessern
25. November 2014 - Wer aus sozialer Not in Wohnungslosigkeit gerät, ist oft auch in seiner Gesundheit besonders bedroht.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge fordert deshalb in seinen Empfehlungen "Zugänge zu gesundheitlichen Hilfen für wohnungslose Menschen verbessern" gezielte Schritte, damit mehr Menschen ohne Wohnung und in sozialen Notlagen die medizinischen und gesundheitlichen Hilfen in Anspruch nehmen, die sie benötigen.
Gesetze bedürfen der Nachbesserung
Hierzu sollen auf der Bundesebene gesetzliche Regelungen zur Krankenversicherung systematisch auf den Prüfstand gestellt und nachgebessert werden.
Regelungen zu Zuzahlungspflichten bei Medikamenten und Hilfsmitteln, zur Versicherungspflicht in der Krankenversicherung sowie über Rückzahlungsverpflichtungen bei Beitragsschulden müssen im Konsens aller Beteiligten so gestaltet werden, dass ein Ausschluss von Menschen in sozialen Notlagen aus der Krankenversicherung und gesundheitlichen Versorgung verhindert wird.
Niedrigschwellige medizinische Versorgung muss Teil der Regelversorgung werden
Hinsichtlich der niedrigschwelligen medizinischen Versorgung weist der Deutsche Verein darauf hin, dass bei Menschen, die an der Grenze zur Armut leben, denen Wohnungsverlust droht oder die bereits wohnungslos sind, die punktuelle Notfallhilfe die fehlende medizinische Regelversorgung ersetzt. Die Folge ist, dass sich die medizinische Versorgung wohnungsloser Menschen häufig auf teure Notfallmedizin oder stationäre Aufnahme beschränkt. Präventive Hilfe, hausärztliche oder fachärztliche Versorgung werden zu wenig umgesetzt.
Der Deutsche Verein sieht in der Initiierung von aufsuchenden medizinischen Hilfen einen geeigneten Weg, um die gesundheitliche Versorgung von wohnungslosen Menschen zu verbessern.
Die aufsuchenden medizinischen Hilfen sollen unter anderem folgende Anforderungen erfüllen:
- Die Hilfen zur medizinischen Versorgung sollen die Menschen dort aufsuchen, wo sie sich aufhalten. Dies kann mit mobilen Diensten in Form von Straßenambulanzen oder durch regelmäßige ambulante Sprechstunden (Arzt oder Ärztin mit pflegerischer Begleitung) an festen Orten erfolgen. Die festen Anlaufpunkte sollten an Angebote der Wohnungslosenhilfe (Beratungsstellen, Tagesaufenthalte) angebunden werden.
- Um den unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen der Zielgruppe gerecht zu werden, sollen möglichst gestufte Versorgungskonzepte angestrebt werden. ... Die Versorgungskonzepte können reichen von einer aufsuchenden Arbeit auf der Straße und in vorübergehenden Unterbringungsformen, über fahrbare Ambulanzen, regelmäßige hausärztliche und fachärztliche Sprechstunden in Angeboten der Wohnungslosenhilfe bis hin zu Behandlungen in Krankenwohnungen.
- Die medizinisch-pflegerische Beratung und Behandlung soll in Verbindung mit den vorhandenen sozialen Hilfeangeboten der Träger von Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten erbracht werden. Dies gewährleistet, dass den Patientinnen und Patienten die erforderlichen gesundheitlichen und sozialen Hilfen zukommen.
- Die aufsuchenden medizinischen Hilfen sollen in das gesundheitliche Regelsystem integriert werden. Dies kann durch eine Ermächtigung der gesundheitlichen Hilfen als Institutsambulanzen durch die örtlichen Kassenärztlichen Vereinigungen sowie eine Vernetzung mit niedergelassenen Fachärzten und örtlichen Kliniken erfolgen. Übergeordnetes Ziel soll sein, Zugänge in das gesundheitliche Regelsystem zu ebnen und zu erleichtern. Damit wird die Bildung eines parallelen Systems neben dem Regelsystem oder eines "Notversorgungssystems für Arme" vermieden.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge ist das gemeinsame Forum von Kommunen und Wohlfahrtsorganisationen sowie ihrer Einrichtungen, der Bundesländer und Vertreter der Wissenschaft für alle Bereiche der sozialen Arbeit und der Sozialpolitik. Er begleitet und gestaltet unter anderem die Entwicklungen der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik, der Sozial- und Altenhilfe, der Grundsicherungssysteme und der Pflege und Rehabilitation.
Diese und weitere Analysen und Empfehlungen zu den Themenfeldern
- Hilfen bei psychischen Beeinträchtigungen und Erkrankungen
- Hilfen bei Suchtmittelmissbrauch und Suchterkrankungen
- Schlussfolgerungen für eine Kooperation der Hilfesysteme
finden Sie hier (PDF).