Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW

Skandalöse Zwangstest-Regelung in Sachsen-Anhalt zumindest zum Teil gekippt

13. November 2014 - "Gefahr im Verzug" stellt keine Voraussetzung für polizeilich angeordnete Zwangstests auf Infektionen dar. Darauf machte die Deutsche AIDS-Hilfe gestern nach dem Urteil des Verfassungsgerichtes von Sachsen-Anhalt aufmerksam.


Teile des Polizeigesetzes Sachsen-Anhalts für verfassungswidrig erklärt

Mit dem Gerichtsurteil wurden Teile des Polizeigesetzes des Bundeslandes für verfassungswidrig erklärt: Die Befugnis der sachsen-anhaltinischen Polizei, Personen unter bestimmten Bedingungen auch gegen ihren Willen auf ansteckende Krankheiten wie HIV und Hepatitis untersuchen zu lassen, wurde mit dem Urteil leider nicht grundsätzlich gekippt.

Allerdings ist laut den Verfassungsrichtern für diese Blutuntersuchung in jedem Fall eine richterliche Anordnung einzuholen. Zuvor konnte die Polizei nach Paragraf 41, Absatz 6 des "Gesetzes über Sicherheit und Ordnung" auch ohne Richterbeschluss Zwangstests vornehmen lassen, wenn sie von "Gefahr im Verzug" ausging.

Ziel der Tests sollte der Schutz von Einsatzkräften sein, die sich zum Beispiel an Spritzen verletzt haben. Fachlich und rechtlich wurde das Gesetz schon vor seiner Verabschiedung massiv kritisiert. Unter anderen hatte auch die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass Zwangstests ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung seien. Außerdem sei dem Bundeskriminalamt in den letzten zehn Jahren kein Fall bekannt geworden, in dem ein HIV-positiver Mensch einen Polizisten im Einsatz infiziert habe, so die Regierung.


Mahnungen verhallten ungehört

Fachliche Ratschläge und Mahnungen verhallten ungehört. Wider besseres Wissen wurde das Polizeigesetz des Landes Sachsen-Anhalt im Februar 2013 vom Landtag mit den Stimmen von SPD und CDU verabschiedet (Wir berichteten).

Daraufhin hatten Abgeordnete der Grünen und der Linksfraktion gegen das Gesetz geklagt. Das Landesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber nun beauftragt, das Regelwerk bis Ende 2015 zu ändern.

Man kann nur hoffen, dass die Fachlichkeit und der Schutz der Grundrechte im sachsen-anhaltinischen Landtag nun wieder Vorrang vor anderen Motiven bekommen.


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