Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW

HIV in Deutschland und NRW 2015

26. Juli 2016 - Dem Robert Koch-Institut wurden 2015 bundesweit 3.674 neu diagnostizierte HIV-Infektionen gemeldet. Dies entspricht einer bundesweiten Inzidenz von 4,5 Fällen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Dies ist dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2015 zu entnehmen.


Zahl der in Deutschland erworbenen HIV-Infektionen ist leicht zurückgegangen

Damit ist die Gesamtzahl der neudiagnostizierten HIV-Infektionen gegenüber dem Jahr 2014 (3.500) um 5,0 Prozent angestiegen. Die Zahl der in Deutschland erworbenen HIV-Infektionen ist leicht zurückgegangen, während die Zahl der wahrscheinlich im Ausland erworbenen HIV-Infektionen zugenommen hat.

Für 815 von 836 (97 Prozent) der im Jahr 2015 in Deutschland diagnostizierten, von Nichtdeutschen im Ausland erworbenen HIV-Infektionen liegen Angaben zum Herkunftsland vor. Unter denjenigen mit Herkunftsangabe stammen 51 Prozent aus Subsahara-Afrika, 15 Prozent aus Osteuropa, 10 Prozent aus Zentraleuropa, 6 Prozent aus Südostasien, 6 Prozent aus Lateinamerika oder der Karibik, 5 Prozent aus Westeuropa, aber nur 4 Prozent aus dem Nahen Osten oder Nordafrika, den Regionen aus denen im Jahr 2015 der weitaus größte Teil der neu nach Deutschland gekommenen Asylsuchenden stammte.


NRW liegt im bundesweiten Durchschnitt

Die höchste Inzidenz der HIV-Erstdiagnosen fand sich in den Stadtstaaten Hamburg (12 Fälle pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner), Berlin (11) und Bremen (8,2). Großstädte wie Frankfurt/Main, München, Köln, Düsseldorf, Stuttgart, Mannheim, Leipzig und Dresden wiesen ähnlich hohe Inzidenzen wie die Stadtstaaten auf.

Nordrhein-Westfalen insgesamt liegt mit 4,5 Fällen pro Einwohnerinnen und Einwohner genau im Bundesdurchschnitt. Weitere Details zu Meldungen und Inzidenz in einzelnen Regionen Nordrhein-Westfalens finden Sie hier (PDF).


Infektionsrisiko in Deutschland

Für 2.966 der 3.674 Meldungen (81 Prozent) lagen Angaben zum Infektionsrisiko vor. Unter den Meldungen mit Angaben hatten sich 62 Prozent über gleichgeschlechtliche Kontakte unter Männern infiziert, 32 Prozent über heterosexuelle Kontakte und 5 Prozent bei intravenösem Drogenkonsum. Bei 1 Prozent der Meldungen handelte es sich um Kinder, die über ihre Mütter infiziert worden waren.

Von 2.028 im Jahr 2015 neudiagnostizierten HIV-Infektionen mit Infektionsort in Deutschland oder fehlenden Angaben zum Infektionsland mit Angaben zum Infektionsrisiko wurden 80 Prozent (n = 1.616) durch gleichgeschlechtliche Kontakte unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), übertragen. Bei 16 Prozent (n = 328) wurden heterosexuelle Kontakte als Infektionsrisiko mitgeteilt, und bei 79 (4 Prozent) wurde der intravenöse Konsum von Drogen als wahrscheinlichster Infektionsweg angegeben.

Die Anzahl der unter MSM in Deutschland diagnostizierten Infektionen ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken (von 1.702 auf 1.616), die Anzahl der bei intravenös Drogen konsumierenden Menschen diagnostizierten HIV-Infektionen ist leicht angestiegen (von 73 auf 79), und die Zahl der auf heterosexuelle Kontakte zurückgeführten Infektionen ist von 253 auf 328 angestiegen.

Von den 445 nicht aus Deutschland stammenden, aber vermutlich in Deutschland infizierten Personen haben sich 57 Prozent über gleichgeschlechtliche Kontakte zwischen Männern, 28 Prozent über heterosexuelle Kontakte und 4 Prozent bei intravenösem Drogenkonsum mit HIV infiziert.


Infektionsrisiko Nichtdeutscher im Ausland

Bei den im Ausland von Nichtdeutschen erworbenen und im Jahr 2015 in Deutschland neu diagnostizierten HIV-Infektionen (n = 836) fehlen bei 14 Prozent der Meldungen Angaben zum wahrscheinlichen Infektionsweg, 62 Prozent wurden wahrscheinlich auf heterosexuellem Weg übertragen, 17 Prozent durch gleichgeschlechtliche Kontakte zwischen Männern und 6 Prozent bei intravenösem Drogenkonsum.


Mutter-Kind-Übertragung bei in Deutschland und im Ausland geborenen

Im Jahr 2015 wurden 26 sicher oder wahrscheinlich von Mutter zu Kind übertragene HIV-Infektionen bei Kindern bis 14 Jahren diagnostiziert. Nur vier der Kinder, deren Geburtsdatum teilweise bis in das Jahr 2003 zurückreicht, wurden von HIV-infizierten Müttern in Deutschland geboren.


Fazit

  • Nach einer mehrjährigen Plateauphase mit relativ geringen Schwankungen zwischen den jährlich gemeldeten Neudiagnosen ist seit 2012 ein Anstieg der Zahl der HIV-Neudiagnosen zu beobachten. Der Anstieg im vergangenen Jahr beruhte im Wesentlichen auf einer verstärkten Migration nach Deutschland, die zu einer Zunahme von HIV-Neudiagnosen v.a. bei Menschen afrikanischer und osteuropäischer Herkunft geführt hat. Aufgrund einer sehr niedrigen HIV-Prävalenz in den Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas hat sich die erhebliche Zunahme von Asylsuchenden aus diesen Regionen kaum auf die Zahl der im Ausland erworbenen Infektionen ausgewirkt.
  • Die Zunahme der im Ausland erworbenen Infektionen stellt Deutschland primär vor die Herausforderung, diesen Menschen einen Zugang zu den in Deutschland verfügbaren Therapiemöglichkeiten zu ermöglichen. Wenn dies gelingt, können negative Auswirkungen auf den zukünftigen Verlauf der HIV-Epidemie in Deutschland vermieden werden. Dazu müssten zunächst kultursensible Testangebote für die besonders betroffenen Migrantengruppen aus Subsahara-Afrika ausgebaut werden. Darüber hinaus sollten Test- und Versorgungsstrukturen und –angebote auch verstärkt auf Migranten aus anderen europäischen Ländern ausgerichtet werden, die z.T. Schwierigkeiten haben, sich im deutschen Versorgungssystem zurechtzufinden.
  • In Bezug auf die Entwicklung der HIV-Epidemie in Deutschland zeigen sich zwar regional z.T. ermutigende Entwicklungen, insgesamt muss aber mehr getan werden, um die Anzahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland stärker und nachhaltig zu reduzieren. Vermehrte und leichter zugängliche Testangebote spielen auch hierfür eine wesentliche Rolle.


Das Infektionsepidemiologische Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2015 finden Sie unter rki.de.
Mehr zu HIV in Nordrhein-Westfalen finden Sie hier.

 

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